Dienstag, 28. April 2015

Toast und Monika

Es war ein Samstag, soweit ich mich erinnern kann, als es an der Tür klingelte. Ziemlich früh dürfte es gewesen sein. Das ist mir recht präsent, weil die Ladies in der Fernsehreklame noch Oberbekleidung trugen und nicht um Rückruf baten.
So erhob ich mich von der Schäfchenzählmaschine, wankte zum Eingang und öffnete die Pforte.

„Tag auch – Monika, Deine persönliche Sachbearbeiterin für morgendliche Ernährungsangelegenheiten.“
Die angebotene Hand nahm ich entgegen und erwiderte den festen Druck nur unter mäßiger Gegenwehr.
„Angenehm, Mike. Äh…das kommt überraschend.“
„Naja, das Verlangen nach Gaumengymnastik ist meist ein ungeplanter Gast“, sagte sie und ihre grünen Augen funkelten mich fröhlich unter dem roten Haarschopf kontrastreich an.
„Ein nettes Wesen“, dachte ich noch, „in jedem Fall hormonstimulierender als der Schweißpropeller, der mir zu ähnlicher Tageszeit die Post vor die Füße wirft.“

„Bitte, meine Gruft steht Dir offen.“
Mit einer einladenden Handbewegung ließ ich die Tür aufschwingen. Monika schlängelte sich gewandt an mir vorbei, blieb im Flur stehen und sah sich um.
„Küche?“
„Klar, dort.“
Sie folgte meinem ausgestreckten Zeigefinger und steuerte das Resteverwertungszentrum an.
Wir nahmen am Küchentisch Platz.

„Nun, was steht auf dem Plan?“, ließ Monika hören und ihr Lächeln offenbarte geschlossene Reihen blitzender Dentalausstattung.
„Kaffee, Toast? Ist mein bevorzugtes Erweckungsritual.“
Das Kopfnicken interpretierte ich als Zustimmung, erhob mich und versah die Ladeöffnung des Toasters mit zwei Weizenscheiben. Anschließend wurde der Koffeinerzeuger bestückt und Tassen unter den Auslass positioniert. Während noch das schwarze Gebräu in die Becher floss, meldete der Brotgrill bereits Vollzug. Die Konsistenzprobe zwischen Daumen und Zeigefinger fiel jedoch nicht zu meiner Zufriedenheit aus, daher spendierte ich den Jungs eine zusätzliche Aufwärmrunde.

„Kuhsaft?“
Monika bejahte und so füllte ich die Tassen mit Milch, bis die Flüssigkeit eine goldbraune Färbung angenommen hatte. Mit dem Kaffee bewaffnet wendete ich mich dem Tisch zu, als plötzlich irgendetwas schmerzhaft mein Nacken traf. Der Schreck ließ mir die Tassen aus den Fingern gleiten, worauf diese unter mächtigem Scheppern auf dem Boden zerschellten und sich sogleich eine trübe Lache auf den Fliesen breit machte.
Monika lachte. Sie lachte nicht nur, sie prustete lauthals los und hielt sich dabei den Bauch.
„Filmreif“, stieß sie hervor und schlug sich auf die Schenkel.

Mir war nicht nach Heiterkeitsinkontinenz, vielmehr dürstete es mich nach Aufklärung der heimtückischen Attacke. Lange musste ich nicht suchen. In meinem Windschatten entdeckte ich sehr schnell zwei Toastscheiben dunkler Färbung, die der Weizenröster offenbar in bösartiger Absicht gegen meine Rückseite katapultiert hatte. Diese Aggression seitens des Gerätes war mir neu, zumal wir stets ein harmonisches Verhältnis gepflegt hatten.

Ok, zurück zum Start. Monika half mir, immer noch kichernd, bei der Beseitigung aller Unglücksspuren und erneut lud ich Toaster und Kaffeemaschine mit frischem Rohmaterial.
Die Tassen fanden diesmal unbeschadet ihren Weg zum Bestimmungsort, die Getreideprodukte allerdings nicht. Mörsergleich wurden die Scheiben aus dem Gerät katapultiert, beschrieben einen eleganten Bogen und wurden lediglich von der Scheibe des Küchenfensters in ihrer Flugbahn unterbrochen. Dort prallten sie wirkungslos ab und fielen zu Boden.
Monika saß zurückgelehnt in ihrem Stuhl und beobachtete die Szene amüsiert.
„Bitte noch einmal.“
Dabei klatschte sie verzückt in die Hände und grinste breit.
Mein Magen knurrte und irgendwie konnte ich der Szene keine ekstatischen Momente abgewinnen.
Erneut lud ich den Toaster und wählte diesmal höchste Garstufe.
Die Sekunden verstrichen und mit einem jammernden Laut wurden plötzlich zwei brikettartige Quader ausgeworfen, die sich in die Pinnwand neben dem Fenster bohrten.
Monika ergriff diese und reichte sie mir.
„Mach was daraus“, meinte sie mit einem spöttischen Grinsen.
Das tat ich.

Im Kräutermörser pulverisierte ich die Biester, mischte sie mit etwas Wasabi-Paste und streckte das Gemisch mit Omas Übergardine. Das Zeug haben wir dann geraucht.
War die reinste Gehirnkirmes. So zwischen Flugtoast und bunten Kreisen.
Naja, Monika will jedenfalls wiederkommen.
Also, zum Frühstück, hat sie gesagt.

© by P.H.

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